Diät

zurück
 
Die Bürger von Puttfaarcken
 

1. Sitte und Sexus der Frau.

Sechstausend Kilokalorien (kcal) hat ein Kilogramm Körperfett. Aber was heißt hier schon »haben«? Das kann ich dir sagen. Um ein Kilogramm Körperfett zu verbrauchen, musst du deinen fünfundsechzig Kilogramm schweren Körper ungefähr zehn mal zehn gleich hundert Kilometer mit einer Geschwindigkeit von etwa zehn Kilometern pro Stunde joggen schicken. Das ist Physik und Chemie und Biologie in einem. Und Mathe! Um Zehn Kilogramm loszuwerden, musst du dir ein Bein abschneiden oder tausend Kilometer joggen, was auf die Gelenke gehen kann. Ich behalte beide Beine und werde tausend Kilometer joggen, um zwanzig Pfund loszuwerden, denn man sagt immer noch, dass es die Pfunde sind, die dick machen.

 

2. Schlankheitsideal später Steve Jobs

Vier Brötchen mit Butter und Nutella, ein Liter Milchkaffee mit 1,5 % Fett im Milchanteil, Pizza Diabolo, eine Tafel Milka Luflee, eine Tafel Milka Alpenmilch, 3 Liter Joghurt mild mit 5 % Fett im Milchanteil.

 

Als der Vater ertrunken war, dachte man, dass ihm die Mutter wohl bald aus Gram ins Grab folgen würde. Man wollte gerne glauben, dass das Band der Liebe und das Band der Gewohnheit sich so in ihr Fleisch gefressen und dort festgesetzt hatten, dass seine Kappung und die umherschlagenden losen Enden ihr jetzt wohl riesige Wunden reißen müssten. Man wünschte sich vor lauter Romantik einen möglichst grausamen aber auch schnellen Tod für sie, die sie nicht würde leben können ohne Ihn – nach all den Jahrzehnten an seiner Seite, nach dem tragischen Verlust ihres Lebensinhaltes, der er doch wohl gewesen war, wie könne sie jetzt weiterleben? Wenn sie etwas brauche, man sei jederzeit für sie da.

 

Ich freue mich auf Ihre Rückantwort. Für Fragen stehe ich Ihnen gerne jederzeit zur Verfügung. »Jederzeit«! »Jederzeit, aber nicht außerhalb unserer Geschäftszeiten« hätte es heißen müssen. Andererseits waren derartige Klugscheißereien was für Erbsenzähler, die dir vorrechnen, dass es Schafkäse und nicht Schafskäse heißen müsse, denn man sage ja auch nicht Kuhskäse. Man war natürlich zu keiner Zeit für sie da. So wenig wie Verantwortliche zu irgendeinem Zeitpunkt von den Vorgängen in ihrem Verantwortungsbereich Kenntnis hatten oder Gefahr für die Bevölkerung bestand. Man nervte mit seiner Heuchelei und wünschte ihr, sie möge bald zum Grab erbleichen.

 

Aus Ostpreußen kamen sie nicht.

 

3. Was drängst du denn so wunderlich

Das Herz schlägt manchmal etwas heftiger und dann wackel ich mit dem Oberkörper im Sessel herum. Wummel. Bump.

 

Drei Salzbrezel, drei Erdinger Alkoholfrei, ein Liter Milchkaffee.

 

4. Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate – die Bausteine einer soliden Ernährungspyramide. Mahlzeit.

Nachdem während der ersten dreißig Lebensjahre eine breite Basis aus Kohlenhydraten geschaffen worden war, konnten die meisten schon wieder nach Hause gehen. Ein drahtiger Körper nur aus Kohlenhydraten war enstanden und begann das fruchtbare Niltal zu überschatten, das tagein tagaus seiner Überschwemmung harrte. Aus diesem Sumpf sich zu erheben galt es und nun türmte man Fette auf Eiweiße und das mitten in der sengenden Sonne Ägyptens. Was für die einen eine Spitze war, war für die anderen eine Ecke und von ihrem besonderen Blickwinkel aus dem Inneren der Dinge hatten sie nicht weniger als verdammt recht.

 

Eine Haushaltspackung Mike Mitchell’s Sandwiches, ein halbes Pfund Butter, 80 Gramm Nutella. Gratis!

 

5. Und unser Körper, der sich um gar vieles kümmert?

Wenn es um die Zufuhr ging, durfte man auch von der Abfuhr nicht schweigen. Man tat dies jedoch, wenn überhaupt, in Terms of Recyclingwirtschaft oder in Schimpfworten. Manche sprachen nur auf Latein darüber und wieder andere schwiegen dann doch. Im Krieg und in der Medizin sei alles erlaubt oder doch zumindest bekannt und hatte es nicht auch eine Zeit gegeben, in der Beate Uhse ihre Läden als Institute für Ehehygiene ausgab? Wenn die wahre Schönheit innen wohnt, wie kann das Innere dann voller Scheiße sein? Ist das Schöne die Scheiße, oder besteht es in ihrer Abwesenheit? Wie diese Frage beantwortet wird, formt bekanntlich Kultur und Charakter.

 

Die Großmutter machte eine Diät nach der anderen, die Mutter verzichtete darauf. Abführmittel gehörten jedoch ebenso zum Leben wie es selbstverständlich war, dass jeder »Tabletten nehmen musste«.

 

Wenn der Verdauungsvorgang, wie wir es im Biologieunterricht gelernt hatten, bereits mit dem Einspeicheln begann, was hatte man denn dann im Mund? War es nicht dann von Anfang an ein Verdauungsprodukt?! Wie konnte die Transsubstantiation des Begehrten in Scheiße oder gar in Körperbestandteile verhindert werden? Und umgekehrt erst: bestand man nicht geradezu daraus? Hüftgold, wir wissen alle, wofür der Euphemismus Gold steht.

 

Ein belegtes Brot mit Schinken, ein belegtes Brot mit Ei.

 

6. Im Effizienzhaus Plus

Konsequente Hygiene, Reinigung, Bannung des Unaussprechlichen in Tabu und Ritual, Zaubersprüche, Produktdesign, Lichtnahrung und Wellentheorie. Aus Wellen – nicht aus Korpuskeln – wollen wir bestehen. Der Schlauch, der man ist, will auch und gerade von innen geglättet und geschlichtet sein. Vorbildlich war hier das Stahlohr, chemisch neutral, lebensmittelrechtlich unbedenklich und reaktionsarm. Nicht ohne Grund ist das nahtlos gezogene Rohr eine Erfindung der Brüder Mannesmann. Das Stahlrohr des Mannesmann! Das Erdgas-Röhren-Geschäft mit der Sowjetunion, anyone? Nur noch sauberes Erdgas sollte unsere Körper anfüllen und dann nicht einmal mehr das.

 

Es führt eine gerade Linie von den Schlacken der Schwerindustrie, die wir als Verunreinigungen in unsere Körper imaginieren, über das nahtlose Rohr, das wir sein wollen mit seinem gasförmigen Inhalt in das digitale Zeitalter, als der Mannesmann von Vodafone geschluckt – geschluckt! – wurde und dadurch endgültig in einen körperlosen Zustand überging. Nicht zufällig dank der emsigen Bestrebungen des letzten Mannesmann-Vorstandes – er hieß Esser.

 

Nicht mehr Gas, sondern wirklich und endlich nur noch Wellen im Äther, für das das Voda in Vodafone fast noch zu irdisch wirkt, Wispernde Wellen, Wasserstimmen, Vodafone. Reiner Geist, The Spirit in the sky, der Sprit, der Wodka, der von innen reinigt. Ich nehm die Wirsing-Roulade mit Kartoffelgratin und ein Großes.

 

7. Viel trinken

Der Sauerstoff der Firma O2 ist noch ein bißchen immaterieller oder zumindest unsichtbarer als das Voda von Vodafone und bedarf daher des Kontrastmittels. O2 ist ein Gas, aber eine Zeitlang hielt ich es für die chemische Formel für das Wasser, das die Blasen von O2 umgibt. Rundherum ein werblicher Fehlschlag, der dem allgemeinen Geblubber beredten optischen Ausdruck verleiht. Aufsteigende Gasenklaven kämpfen sich durch Deine Eingeweide und kommen zum Ausdruck. Das kommt davon, wenn man zu hastig trinkt. Aber Trinken als solches ist gesund. Der Mensch soll täglich bis zum 3-fachen seines Körpergewichtes an Wasser zu sich nehmen, bis seine alternden Hautzellen prallgefüllt sind und ihm sein jugendliches Aussehen verleihen. Wir haben unser jugendliches Aussehen nur geliehen. Außerdem hilft Wasser, Schlacken aus der Schwerindustrie abzutransportieren und Glucose gluckernd ins Gehirn zu verbringen, wo sie Glückskekse zum erweichen bringt. Auch ist es schwierig, ohne Wasser in den Flow zu kommen. Als ich es einmal versucht habe, konnte ich nicht sprechen, erst recht nicht blubbern, als ich dazu aufgefordert wurde. Das Tückische daran: man merkt es erst, wenn es zu spät ist. Ohne Gluck keine Gluckshormone und kein Abtransport von Schlacken, die sich stattdessen in Pechhormone verwandeln – und das Zeug klebt, das kann man wohl laut und sogar im Dunkeln sagen.

 

8. Fast Food, Alfons

Schokolade ist ein bekömmliches und wertvolles Lebensmittel. Sie enthält wichtige Spurenelemente, Spurensicherungselemente, und Elemente des täglichen Bedarfs wie Gluckose. Man kann bedenkenlos davon drei Tafeln pro Tag zu sich nehmen, ohne zuzunehmen. Die in 300g Schokolade enthaltene Energie i.H.v. ca. 1650 kcal ist sogar nicht ganz ausreichend, um einen erwachsenen Menschen, der einer leichten Bürotätigkeit nachgeht, über den Tag zu bringen. Der über einen längeren Zeitraum erwachsene Mensch sollte darauf achten, zusätzlich zur Schokolade noch ca. 350 kcal – etwa in der Gestalt von Kalbsschnitzel, Rosenkohl und grünem Obst – zu verzehren. Generell gilt jedoch: Sie machen nichts falsch, wenn Sie täglich zwei bis drei Tafeln Schokolade essen. Wenn Sie ein halbes Jahr lang nichts anderes essen, sehen Sie aus wie ich und haben jede Menge Geld mit Ihrer leichten Bürotätigkeit verdient.